In Sachen Simulation und Validierung ist das Shanghai Motor Vehicle Inspection Certification & Tech Innovation Center, kurz SMVIC, für die Zukunft gut aufgestellt. Vor Kurzem wurde das SMVIC mit der Aufgabe betraut, sicherheitsrelevante Komponenten des Fahrzeugs Big Ant des chinesischen Herstellers Chery umfassend zu testen. Cherys Ziel war es, die komplette Validierung vom Sensor bis zum Aktor in verschiedenen Testszenarien abzubilden.

Testumfang

Das SMVIC ist eine chinesische Regierungsorganisation, deren oberstes Ziel die Verbesserung der Sicherheit auf chinesischen Straßen ist. Der Schwerpunkt der Tests lag daher zum einen auf den Funktionen der Fahrerassistenzsysteme (ADAS) und zum anderen auf der allgemeinen Fahrzeugsicherheit. Dazu gehören Hardware-in-the-Loop (HIL)-Tests von Steuergeräten, Sensortests mit Sensorrohdaten und Over-the-Air-Stimulation sowie mechanische Tests von Lenk- und Bremssystemen. Alle diese Tests fanden im Rahmen eines Integrationstests statt: Eine HIL-Simulationsumgebung, die die gesamte Außenwelt simuliert, sendet Daten synchron an alle einzelnen Komponenten.

Fern-Inbetriebnahme

Während der Inbetriebnahme sahen sich die Projektmanager mit den von Corona auferlegten Reisebeschränkungen konfrontiert. Die Lösung: Ein Großteil der Übergabe von dSPACE an das SMVIC-Team fand virtuell statt. Beide Seiten nutzten Videokonferenzen, um wichtige Punkte zu klären. Darüber hinaus war ein Ingenieur von dSPACE China vor Ort, um die letzten Schritte der Übergabe durchzuführen. dSPACE Projektmanager Henning Elbers kommentiert diese Art der Zusammenarbeit: „Auch die Koordination funktionierte auf diese Weise hervorragend. dSPACE hatte bereits während der Vorinbetriebnahme Webcams eingesetzt, um SMVIC alle Details zu erklären. Ein Kollege von dSPACE China führte den Aufbau vor Ort durch. Um Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen, kam das Projektteam wöchentlich zusammen. Meiner Meinung nach war das bei diesem Projekt sehr nützlich.“ Auch Xianchao Zhang, ADS Simulation Advanced Engineer bei SMVIC, war von dieser Art der Zusammenarbeit überzeugt: „Diese Art der Zusammenarbeit spart Zeit und Mühe. Es hat während der Pandemiezeit von COVID-19 gut funktioniert.“

AURELION von dSPACE lieferte eine physikalisch exakte Umgebungssimulation für die Tests.

Lösungen gefunden

Ziel war es, einen Integrationstest durchzuführen, bei dem alle Steuergeräte eines Fahrzeugs gemeinsam einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Dazu wurden sie mit einem virtuellen Fahrzeug auf Basis von dSPACE Automotive Simulation Models (ASM) verbunden, das zusammen mit der Fahrzeugumgebung in Echtzeit auf einem HIL-Simulator simuliert wird. Um neben den Steuergeräten auch Komponenten wie Aktoren und Sensoren in den Test einzubeziehen, wurde der Simulator durch entsprechende Erweiterungen ergänzt. So mussten eine physikalisch exakte Umgebungssimulation mit dSPACE AURELION für die Lidar- und Kamerasensoren durchgeführt und die simulierten Sensorrohdaten eingespeist werden. Außerdem wurde ein Radarsensor mit der Over-the-Air (OTA)-Methode getestet. Darüber hinaus gab es auch Tests, die sich auf mechanische Komponenten konzentrierten. Zum einen wurde das Lenksystem von Big Ant auf einem Prüfstand getestet. Zum anderen durchliefen die Bremsen zahlreichen Tests auf einem Bremsprüfstand.

Radartests auf physikalischer Ebene

Für die Tests des Radarsensors wurde ein Radar Test Bench - Compact 3D verwendet, um eine Over-the-Air-Simulation von Radarzielen während virtueller Fahrszenarien zu realisieren. Der unveränderte Radarsensor wurde auf dem Prüfstand installiert und mit erzeugten Radarechos stimuliert. Dies wurde durch vier im Prüfstand installierte dSPACE Automotive Radar Test Systems (DARTS) erreicht. Mit diesem Prüfstand ist es möglich, Radarziele mit programmierbarer Entfernung, Geschwindigkeit, Größe und Winkel zu simulieren. Die OTA-Methode ermöglicht Black-Box-Tests des Radarsensors unter Berücksichtigung der gesamten Wirkungskette. Der Ausgang des Radarsensors wird vom ADAS weiterverarbeitet und zur Ansteuerung der Lenk- oder Bremssysteme verwendet – Closed-Loop und in Echtzeit durch dSPACE ASM. Xianchao Zhang über die Vorteile: „Mit DARTS und dSPACE Radar Test Bench konnten wir Radarsensoren in komplexen Verkehrsszenarien mit kritischen Fahrsituationen auf sicherheitsrelevante Kriterien testen. Damit konnten wir die vom Gesetzgeber geforderten Aufgaben effizient und leicht verifizierbar erfüllen.“

Automotive Simulation Models (ASM) wurden verwendet, um realistische Verkehrsszenarien hinzuzufügen und die virtuelle Welt mit Fahrzeugen zu füllen, die von den Radar-, Kamera und Lidarsensoren erfasst werden können.

Lidar- und Kamerasimulation

Die Kamerasensoren wurden durch eine so genannte Rohdatensimulation getestet und der Lidarsensor wird auf Punktwolkenebene simuliert. Mit dem physikbasierten Rendering und der erweiterten 3D-Punktwolke als zwei Kernelemente von dSPACE AURELION ist die sensorrealistische Simulation der effizienteste Weg, die dafür notwendigen Sensorrohhdaten zu erzeugen. Die Grundvoraussetzung für eine sensorrealistische Simulation ist, dass Sensormodelle reale Sensoren nachahmen, indem sie die gleichen Arten von Daten erzeugen. Diese Daten werden in elektrische Signale umgewandelt, um die Kamera- und Lidarsensoren zu simulieren. Als Teil des HIL-Systems übernahmen drei leistungsstarke Sensor Simulation PCs, die mit dSPACE Environment Sensor Interface (ESI) Units verbunden waren, die Aufgabe der Lidar- und Kamerasensoren – synchronisiert. Xianchao Zhang kommentiert: „Die realitätsnahe Sensorsimulation von dSPACE ist eine wesentliche Verbesserung bei der Validierung von Lidar- und Kamerasensoren. Die Flexibilität und Qualität der Simulation erfüllt unsere Anforderungen.“

Lenkung und Bremsen auf Herz und Nieren geprüft

Mit dem Lenkungsprüfstand verfügt das SMVIC über eine mechatronische Testumgebung, mit der es möglich ist, das Lenkverhalten eines Fahrzeugs unter Laborbedingungen mittels HIL-Simulation realitätsnah zu testen. Das Lenksystem ist in einen vollständig geschlossenen Regelkreis integriert, bei dem die Auslenkung des Lenkgetriebes in das Simulationsmodell zurückgeführt wird, um sich direkt auf die Fahrzeugdynamik auszuwirken. Auf diese Weise können die Anforderungen an die Sicherheit der Lenkung des Big-Ant-Fahrzeugs im Rahmen von ADAS-Funktionen wie Spurhaltung oder automatisches Einparken objektiv evaluiert werden.

Für den Test der Bremsen ist ein zweiter Prüfstand vorgesehen, auf dem elektrohydraulische Bremssysteme unter realistischen Betriebsbedingungen getestet werden können. Dazu wird das Fahrdynamikmodell von dSPACE ASM integriert und ermöglicht eine realistische Berücksichtigung der wirksamen Bremskräfte auf die Bremsen über einen Linearaktor. Auf diese Weise kann das Bremsverhalten bei automatischer Notbremsung, adaptivem Tempomat und anderen Assistenzfunktionen realistisch evaluiert werden. Xianchao Zhang erklärt: „Dank des komponentenübergreifenden dSPACE HIL-Systems konnten wir die mechanischen Komponenten wie Lenkung und Bremsen in direkter Interaktion mit den Sensoren testen, um zu prüfen, ob alles korrekt zusammenarbeitet. Der unschlagbare Vorteil der dSPACE Lösungen war die absolute Zeitsynchronisation und der vollständig geschlossene Regelkreis.“

Erweiterbar für die Zukunft

Neben dem Test der oben genannten Systeme bietet das SMVIC auch eine Driver-in-the-Loop (DIL)-Umgebung, so dass die Tester zusätzlich zu diesen Testszenarien auch haptisches Feedback direkt erleben. Damit können in Zukunft verschiedenste Tests durchgeführt werden, um den unterschiedlichsten Kundenanforderungen gerecht zu werden. Dabei spielen dSPACE Werkzeuge die Schlüsselrolle bei der Simulation und Validierung.

Mit freundlicher Genehmigung des Shanghai Motor Vehicle Inspection Certification & Tech Innovation Center (SMVIC)

dSPACE MAGAZIN, VERÖFFENTLICHT Juni 2023

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