Analyse großer Simulationsmodelle für die ideale Verteilung auf einem oder mehreren FPGAs mit dem dSPACE Electrical Power Systems Simulation Package

Bei der Erstellung komplexer Simulationsmodelle für leistungselektronische Schaltungen kann es vorkommen, dass die Modelle zu groß werden, um sie ohne Optimierungen auf einem einzelnen FGPA zu berechnen. Es stellt sich dann die Frage, wie man den Rechenaufwand reduzieren kann und wo ggf. die idealen Schnittstellen sind, um das Modell in sinnvolle Teilsysteme aufzuteilen. Hier müssen Sie sicherstellen, dass die Qualität der Ergebnisse nicht durch eine ungünstige Trennung verschlechtert wird.
Anhand eines konkreten Beispiels wird der generische Ansatz, den dSPACE für diese Aufgabe bietet, erläutert.

Modellanalyse unter Berücksichtigung von Größe und Abhängigkeiten

Ausgangspunkt ist das Modell eines Elektrofahrzeugs mit integriertem Ladegerät, das über eine Wallbox an das Stromnetz angeschlossen ist. Das Modell wurde mit der MATLAB®/Simulink®-Toolbox Simscape ElectricalTM (Specialized Power Systems) erstellt.

Die Analysefunktion kann über die grafische Benutzeroberfläche einfach konfiguriert werden.

Der erste Schritt ist eine Analyse des Modells, die ergibt, ob das Modell direkt mit dem verfügbaren FPGA berechnet werden kann. Das dSPACE Electrical Power Systems Simulation Package (EPSS) bietet hierfür eine Analysefunktion. In unserem Fall ist das Ergebnis, dass das Modell mit seinen 262.144 Matrizensätzen, die jeweils aus System-, Eingabe-, Ausgabe- und Durchleitungsmatrizen bestehen, zu groß für den verfügbaren Speicher mit maximaler Geschwindigkeit auf dem FPGA ist. Diese große Anzahl von Matrizensätzen ergibt sich aus der Tatsache, dass für die 18 im Modell enthaltenen Schalter theoretisch alle 2 18 = 262.144 möglichen Konfigurationen in Betracht gezogen werden könnten.

Ergebnisprotokoll der Modellanalyse.

Hätte die Analyse ergeben, dass das Modell vollständig auf dem FPGA berechnet werden kann, wäre für das Modell eine EPSS-Datei erzeugt worden, die alle für die Echtzeitsimulation notwendigen Daten enthält und über die Software dSPACE ConfigurationDesk in die I/O-Konfiguration des Systems eingebunden werden kann. Im Falle der oben gezeigten Topologie des Ladegeräts an Bord ist das Gesamtmodell nicht geeignet, die vollständigen Konfigurationen mit allen möglichen Schalterkombinationen in Echtzeit zu simulieren, so dass die EPSS-Datei nicht erstellt werden konnte.

Modellierung von Abhängigkeiten im Schaltplan

Der in EPSS enthaltene Block ANALYZE_SPLITTING bietet eine visuelle Darstellung, die zeigt, welche Modellkomponenten mathematisch zusammengehören und nicht getrennt werden dürfen. Dabei werden sowohl abhängige Zustandsgrößen, nämlich abhängige Kondensatorspannungen und Induktorströme, als auch die mögliche Auswirkung von Schaltvorgängen auf andere Schaltelemente berechnet. Die zusammengehörenden Elemente werden jeweils in der gleichen Farbe markiert und so ihre Abhängigkeiten visuell dargestellt.

Prüfen möglicher Splitting-Positionen

Im Schaltplan können an verschiedenen Stellen spezielle, in EPSS enthaltene Splitting-Blöcke (sogenannte INTERFACE-Blöcke) eingefügt werden, damit die Schalter möglichst gleichmäßig verteilt sind und keine Abhängigkeitsgruppen getrennt werden. Eine mögliche Splitting-Position ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Der INTERFACE-Block für die Modellaufteilung wurde so platziert, dass weder Schaltergruppen noch abhängige Zustände getrennt wurden. Eine erneute Ausführung der Analysefunktion zeigt eine deutliche Reduzierung der auf dem FPGA zu speichernden Matrixsätze von 262.144 auf 4.096.

In einem nächsten Schritt wird geprüft, ob das Gesamtsystem auch mit dem gewählten Splitting-Punkt stabil ist.

Der INTERFACE-Block unterteilt das Modell in zwei Teile.
Der ANALYZE_SPLITTING-Block kann über die grafische Benutzeroberfläche einfach konfiguriert werden.

Überprüfung der Stabilität möglicher Splitting-Positionen

Mit dem ANALYZE_SPLITTING-Block des EPSS können Sie auf einfache Weise auswerten, ob die gewählte Position des INTERFACE-Blocks oder eine Menge möglicher Positionen von INTERFACE-Blöcken zu stabilen Systemeigenschaften pro Schalterkonfiguration führt. Um nicht realistische Schalterkombinationen auszuschließen und die Berechnungszeit zu beschleunigen, kann das Schaltverhalten über die Option 'Exclusion of switch combinations' konfiguriert werden. Im vorliegenden Beispiel können die Parallelschalter der Wallbox und des Filters jeweils als Dreiphasenschalter konfiguriert werden, da sie immer gleichzeitig schalten.

Die Ergebnisse der Analyse werden übersichtlich grafisch dargestellt, indem Sie auf die Schaltfläche ‘Generate stability results’ klicken. Neben der Information, ob die jeweilige Splitting-Methode, die über den INTERFACE-Block ausgewählt werden kann, für die untersuchte Splitting-Position zu einem stabilen, instabilen oder knapp stabilen Gesamtsystem führt, werden auch die Eigenwerte der zugehörigen (erweiterten) Systemmatrix angezeigt. Alle Ergebnisse können komfortabel gefiltert und nach Wunsch angeordnet werden.

Im vorliegenden Modell lässt sich aus dieser Analyse schließen, dass sich das Modell auch nach dem Einfügen des INTERFACE-Blocks für das Model Splitting stabil verhält, sofern keine Kurzschlüsse im DC/DC-Wandler auftreten.

Verringerung der Anzahl der Schalter durch Berücksichtigung spezieller Konfigurationen

Neben dem Model Splitting gibt es weitere Möglichkeiten, die Anzahl der Matrixsätze in der Echtzeitanwendung zu reduzieren. Zunächst können spezielle Schalterkonfigurationen genauer modelliert werden. Im vorliegenden Modell handelt es sich um die Schalter Sa, Sb und Sc, die immer gleichzeitig schalten. Das Gleiche gilt für die Schalter Rprea, Rpreb und Rprec im Filter. Diese Schalter können mit der Funktion 'Exclude Switch Combinations' des dSPACE Electrical Power Systems Simulation Package einfach als dreiphasige Schalter konfiguriert werden (mit der gleichen grafischen Benutzeroberfläche wie bei der Splitting-Analyse, die im SETUP-Block konfiguriert werden kann). Alternativ können sie als Widerstände modelliert und während der Laufzeit mit Hilfe der EPSS-Funktion ‘Scenarios’ umgeschaltet werden. Wir verwenden hier eine Kombination von Merkmalen, d. h. Sa, Sb und Sc werden als Drehstromschalter modelliert und Sprea, Spreb und Sprec werden mit Hilfe von Szenarien konfiguriert.

Ergebnisprotokoll der Modellanalyse für das echtzeitfähige Modell.

Startsignal für die Echtzeitsimulation


Nach diesen Konfigurationen kann nun wieder die Analysefunktion ANALYZE_MODEL verwendet werden, um die Echtzeitfähigkeit des Modells für das vorhandene FPGA zu überprüfen. Für das Modell kann nun eine EPSS-Datei generiert werden, so dass es auf dem Echtzeitsystem mit einem vorkonfigurierten generischen FPGA-Build aus dem dSPACE Electrical Power Systems Simulation Package (ohne Synthese) ausgeführt werden kann.

Offline-Untersuchung des Schaltverhaltens

Mit der Funktion 'Analyze Switch Combinations' des dSPACE Electrical Power Systems Simulation Package können Sie die Auswirkungen auf passive Elemente im Simulationsmodell für eine bestimmte Ansteuerung der aktiven Schalter analysieren. Mit Hilfe des in EPSS vorhandenen OFFLINE_SIMULATION-Blocks, der eine Offline-Simulation der Schaltung mit Hilfe spezieller in EPSS vorhandener Funktionen ermöglicht, können alle während der Simulationszeit auftretenden Schaltzustände aufgezeichnet und grafisch dargestellt werden. In der folgenden Abbildung ist u. a. zu sehen, dass beim Einschalten des Gates der Bausteine Q8 und Q9 (IBGT bzw. Diodenblöcke) die Diode2 erst im Post-Iterationsschritt eingeschaltet wird. Die grauen und weißen Flächen stellen immer einen Simulationsschritt dar, die Unterteilungen innerhalb dieser Flächen symbolisieren eine Reihe von möglichen Post-Iterationsschritten. Im rechten Teil des Bildes können Sie sich auch einen Überblick verschaffen, wie oft welcher Schaltzustand bei der betrachteten Steuerung des Modells verwendet wird.

Weiterführende Informationen

  • A. Kiffe, K. Witting, and F. Puschmann, "Systematic separation of electrical power systems for hardware-in-the-loop simulation," 2017 19th European Conference on Power Electronics and Applications (EPE'17 ECCE Europe), 2017, pp. P.1-P.10, doi: 10.23919/EPE17ECCEEurope.2017.8098995.
  • A. Kiffe, K. Witting, and F. Puschmann, "Separation of Power Electrical Circuits for Different Computation Platforms," 2018 20th European Conference on Power Electronics and Applications (EPE'18 ECCE Europe), 2018, pp. P.1-P.10.

Über den Autor

Katrin Witting

Katrin Witting

Manager, Real-Time Test & Development Solutions, dSPACE GmbH

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