Im Interview mit dem dSPACE Magazin erklärt , Dr. Dirk Walliser, Senior Vice President Corporate Research and Development Innovation and Technology bei der ZF Friedrichshafen AG, warum autonomes Fahren für das Unternehmen von Bedeutung ist und spricht über die möglichen nächsten Schritte zur Markteinführung.
Herr Walliser, welche Rolle spielt das autonome Fahren für ZF?
Das autonome Fahren ist ein Beispiel dafür, dass die Entwicklung viel schneller voranschreitet, als man noch vor einigen Jahren gedacht hat. Wir sehen darin eine Chance, unsere Marktposition mit innovativen Lösungen frühzeitig auszubauen. Unser strategischer Fokus bei ZF verlagert sich daher noch stärker auf die Rolle als Systemanbieter für Technologien, die die Mobilität der Zukunft prägen werden.
Wie sieht Ihr Entwicklungskonzept für diese Systeme aus?
Der erste wichtige Schritt besteht darin, die Marktchancen zu ermitteln, die sich aus den mitunter disruptiven Veränderungen ergeben. Die für diese Möglichkeiten definierten Systeme werden mit einem hohen Maß an Agilität in der Entwicklung erstellt, unterstützt von einem erfahrenen Team mit hoher Entwicklungskompetenz. Bei bestimmten Themen greifen wir auch auf bestehende Entwicklungen und Kompetenzen von Partnern zurück. Dank dieses Ansatzes konnten wir beispielsweise unsere neue, autonome Technologieplattform schnell aufbauen und schnell einen hohen Reifegrad erreichen.
Was sind die Anwendungsszenarien der neuen ZF-Plattform für autonome Technologien?
Wir konzentrieren uns vor allem auf Mobilitätskonzepte wie Ride Hailing – autonome Shuttles, die Nutzer über eine App anrufen können. Zunächst sind diese Shuttles für den Einsatz an nicht-öffentlichen Orten wie Flughäfen oder großen Firmengeländen vorgesehen. Die Technologie unserer Plattform kann sicherlich auch für andere Anwendungen wie Häfen, Tagebaue oder die Landwirtschaft genutzt werden.
Was muss getan werden, damit autonomes Fahren auf öffentlichen Straßen möglich wird?
Die Industrie hat einen Anfang gemacht. Sie hat gezeigt, dass die Technologie beherrschbar ist. Dies kann auch mit Validierungssystemen erreicht werden, wie sie von dSPACE angeboten werden. Der Gesetzgeber muss nun den richtigen Rahmen für die Zulassung von autonomen Fahrzeugen schaffen.
Was zeichnet das neue Testsystem von ZF für die Validierung autonomer Fahrzeuge aus?
Mit dem neuen Testsystem validieren wir das zentrale, KI-basierte Steuergerät unserer autonomen Technologieplattform ZF ProAI. Mit der HIL-Technologie können wir dies in frühen Entwicklungsphasen erreichen und auch in Kombination mit Sensoren und Aktoren kosteneffizient bleiben. KI-in-the-Loop sozusagen. Diese Validierung erfolgt in einer sensorrealistischen Echtzeitsimulation, d. h. in einer virtuellen 3D-Welt unter Berücksichtigung der Fahrzeugdynamik mit flexibel definierbaren Verkehrsszenarien. Die virtuelle Umgebung stellt einen digitalen Zwilling der realen Strecken dar und wird aus Kartendaten und hochpräzisen Fahrzeugmessungen generiert.
Herr Dr. Walliser, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
dSPACE MAGAZIN, VERÖFFENTLICHT IM JULI 2019