Ultraschallsensoren spielen im Bereich der Parkassistenzsysteme eine bedeutende Rolle. CATARC bietet eine Dienstleistung zur Absicherung ultraschallbasierter Systeme und nutzt dafür einen Simulator von dSPACE.

Eine der größten Herausforderungen für Verkehrsteilnehmer und insbesondere für Fahranfänger ist das Einparken – Autos in enge Parklücken zu manövrieren, kostet oft Zeit und Nerven. Assistenzsysteme können den Fahrer entlasten, indem sie den gesamten Einparkvorgang übernehmen: Je nach Automatisierungsgrad führt der digitale Assistent das Fahrzeug teilweise oder komplett. Dazu erfasst das Assistenzsystem das Umfeld des Fahrzeugs und steuert die Aktorik für Bremse, Antrieb und Lenkung. 

Nahfeldüberwachung für den Parkvorgang

Die Sensoren der Assistenzsysteme überwachen das sogenannte Nahfeld, also den Bereich, der das Fahrzeug unmittelbar umgibt. Typischerweise werden dafür Ultraschallsensoren (USS) verwendet. Sie sind als Abstandssensoren in der Lage, die Entfernung von Objekten zum Sensor zu messen. Dazu senden sie zyklisch kurze, hochfrequente Schallimpulse aus und empfangen die Reflektionen aus der Umgebung. Aus der Differenz zwischen Empfangs- und Sendezeitpunkt lassen sich die Entfernungen ableiten. Auch für die moderne Nahfeldüberwachung gilt: Ein Sensor kommt selten allein. Ultraschallsensor und Co. liefern für sich genommen nur relativ unscharfe oder „verrauschte“ Daten – erst im Abgleich mit den Ergebnissen anderer Sensoren ergibt sich ein relativ zuverlässiges Bild der Umgebung. Diese Multisensorerfassung ist umso relevanter, je autonomer das Fahrzeug im Straßenverkehr unterwegs ist. Aufgrund des hohen Kollisionspotenzials beim Einparken müssen solche Systeme umfangreiche Absicherungstests erfolgreich absolviert haben, bevor sie für ein Fahrzeug zugelassen werden.

Maximale Flexibilität beim Testen

Im Fahrversuch ist die Absicherungsaufgabe nicht vollständig darstellbar. Viele Testfälle müssen auch bis zur Kollision untersucht und das Verhalten des Assistenzsystems entsprechend abgestimmt werden. Ein simulationsbasiertes Vorgehen bietet die notwendige Flexibilität bei der Variation der Tests. Die Herausforderung besteht allerdings darin, die Sensoren bzw. Assistenzsysteme synchron mit plausiblen Umgebungsdaten zu stimulieren. 

 

Kriterien zur Auswahl des Testsystems

Das Technologieunternehmen CATARC ist unter anderem auf Dienstleistungen zur Validierung und Zulassung verschiedenster Einparkassistenten spezialisiert, die Automobilhersteller in ihren Fahrzeugen für den chinesischen Markt betreiben möchten. Aufgrund des unterschiedlichen Aufbaus der Einparkassistenten entstehen besondere Anforderungen an das Testsystem:

  • Flexibilität – um alle benötigten Schnittstellen zur Verfügung zu stellen und relevante Signale adäquat abzubilden
  • Automatisierbarkeit – um Testfälle und ihre Varianten einfach zu erstellen und reproduzierbar anzuwenden
  • Verfügbarkeit – aufgrund des hohen Testaufkommens muss das Testsystem stets zuverlässig zur Verfügung stehen  
  • Reporting – aussagekräftige Test-reports für individuelle Einpark-assistenten
  • Wirtschaftlichkeit – trotz der hohen Flexibilität einen kosteneffizienten Betrieb von der Anschaffung bis zur Wartung gewährleisten

Mit diesem Anforderungsprofil sondierte CATARC den Markt für Testsysteme. 

 
Ein Testsystem für Parkspezialisten
Sensor-Chirp und simulierte Reflexion.

Ein Testsystem für Parkspezialisten

Nach der Evaluierung verschiedener Testsysteme entschied sich CATARC für eine Lösung von dSPACE. Die Test-Hardware basiert auf einem HIL-Simulator, der es ermöglicht, Ultraschall- und Kamerasensoren in die Regelschleife zu integrieren. 

Integration per Stimulation: Bei Ultraschallsensoren (USS) erfolgt dies über einen Over-the-Air (OTA)-Ansatz. Eine Sensorbox nimmt alle USS des Fahr-zeugs auf und versorgt sie mit der entsprechenden Betriebsspannung und Signalen aus dem Simulator. Ein Reflektor, der ebenfalls mit dem Simula-tor verbunden ist, wird gegenüber von jedem USS positioniert. Er empfängt die Signale der USS und sendet diese abhängig von der sich aus der Simulation ergebenden Entfernung zeitverzögert zurück. So werden die USS vollständig per Simulation stimuliert und liefern die von ihnen ermittelten Entfernungssignale an das Assistenzsystem. Parkassistenten, die ausschließlich mit USS aufgebaut sind, lassen sich mit diesem Aufbau vollständig testen und absichern. 

Integration per Dateneinspeisung: Der HIL-Simulator kann auch für Parkassistenten verwendet werden, die zusätzlich einen Kamerasensor auswerten. Da diese Sensoren für die Rundumsicht ausgelegt sind und über Erfassungswinkel größer 180° verfügen, ist ein Over-the-Air (OTA)-Ansatz, bei dem der Sensor einen planen Monitor erfasst, nicht geeignet. In diesem Fall werden die Simulationsdaten direkt in den Sensor eingespeist. Das erfolgt mit Hilfe der Environment Sensor Interface (ESI) Unit von dSPACE. Sie bereitet die Sensorrohdaten so auf, dass sie beispielsweise direkt hinter dem Imager-Chip der Kamera eingespeist werden können. Dadurch bleiben alle Verarbeitungsstufen des Sensors in die Absicherung einbezogen. Für Stimulation und Einspeisung werden die Sensordaten aus einer Simulation gewonnen und synchron zur Verfügung gestellt.

Aus Fehlern lernen: Die virtuelle Kollision ist erlaubt

Alle für die Sensoren relevanten Daten werden aus einer Verkehrssimulation gewonnen, die mit der Toolsuite ASM (Automotive Simulation Models) durchgeführt wird. ASM bietet die Möglichkeit, interaktiv beliebige Szenarien zu erstellen und realitätsnah zu simulieren. Für Parkassistenten sind das beispielsweise Parkbuchten, Parkplätze oder urbane Regionen, die beliebig ausgestaltet werden können. Darüber hinaus lassen sich Verkehrsteilnehmer, Fußgänger und Hindernisse simulieren, die beim Parkvorgang zur erfassen sind. Auch die Positionierung der Sensoren gelingt problemlos: Über eine grafische Benutzeroberfläche können diese intuitiv im virtuellen Testfahrzeug verteilt werden.

Die vorab definierten Tests werden anschließend automatisiert ausgeführt. Besonders nützlich dabei: Testparameter wie Abstände und Geschwindigkeiten lassen sich während der Tests kontinuierlich ändern – bis zur virtuellen Kollision. Auf diese Weise konnten die Testingenieure bei CATARC viele Testfälle generieren und durch Parametervariationen eine hohe Testabdeckung sicherstellen.

Darüber hinaus kann der HIL-Simulator auch zur Wiedergabe bei Testfahrten aufgezeichneter Sensordaten verwendet werden. Diese werden genau wie die Simulationsdaten per Sensorbox und ESI Unit für USS und Kamera zur Verfügung gestellt.

Aufbau des Simulators zur Validierung von Einparkhilfesystemen.

Wertvolle Erkenntnisse aus dem Test

Mit dem Testsystem lassen sich schnell neue Funktionen testen und komplette Regler absichern. Zudem ist es möglich, die Systemgrenzen – beispielsweise die tatsächlich unterstützten Minimal- und Maximaldistanzen – frühzeitig per Simulation zu bewerten. Besonders wertvoll ist die einfache Wiederholung von Auffälligkeiten, die im Fahrversuch erkannt und aufgenommen wurden. Die Testlösung ist hervorragend auf das Dienstleistungsangebot von CATARC abgestimmt, denn sie bietet die nötige Flexibilität, um Ultraschallsensoren und Steuergeräte unterschiedlicher Hersteller einfach zu integrieren. Meist reicht es aus, dafür wenige Parameter anzupassen.

Derzeit wird der Simulator von einem Team mit 30 Personen genutzt. Die Einarbeitung bis zur effizienten Nutzung dauerte etwa drei Wochen. Mittlerweile hat das Testsystem eine elementare Rolle im Testalltag inne. Insbesondere im Bereich des automatisierten Fahrens, beispielsweise beim Valet Parking, gewährleistet der Simulator, dass Funktionen sicher sind, bevor sie in den realen Fahrversuch gelangen. Das gelingt, weil die vielfältigen Gefahrenszenarien durch die Simulationswerkzeuge von dSPACE realitätsnah simuliert werden. Die Werkzeuge von dSPACE tragen außerdem dazu bei, die Tests zu beschleunigen und die Absicherungsaufgaben effizient durchzuführen. Denn sie ermöglichen die End-to-End-Absicherung – von den Sensoren über das Steuergerät bis hin zur Fahrzeugführung.

Mehr Innovationen, mehr Testaufgaben

Die Entwicklung der Parkassistenten schreitet rasant voran. Kommunikationssysteme zwischen Fahrzeug und Umgebung (V2X) werden integriert, neue Sensoren werden immer relevanter. Daher ist geplant, das Testsystem um eine V2X-Absicherung zu erweitern. Weitere Testaufgaben können im Bereich der Radarsensoren entstehen. Da Radarprüfstande von dSPACE in anderen Bereichen bei CATARC schon eine wichtige Rolle spielen, wird die Integration eines solchen Testsystems in Betracht gezogen.  

Quanzhou Liu, Zhanqi Li, Pengfei Jia, CATARC

Über die Autoren:

Quanzhou Liu

Quanzhou Liu

Quanzhou Liu leitet die Entwicklungsabteilung für elektronische Steuerungen bei CATARC in China.

Zhanqi Li

Zhanqi Li

Zhanqi Li ist Senior Manager der Gruppe für Simulationsentwicklung und Systemverifizierung bei CATARC in China.

Pengfei Jia

Pengfei Jia

Pengfei Jia ist Ingenieur in der Gruppe für Simulationsentwicklung und Systemverifizierung bei CATARC in China.

dSPACE MAGAZINE, PUBLISHED NOVEMBER 2021

Weiterführende Informationen

  • Mobile Test System for Sensors
    Mobile Test System for Sensors

    Mobiles Testsystem für Ultraschallsensortechnologie im Fahrzeug für Vehicle-in-the-Loop-Anwendungen

Video

  • Testing of Ultrasonic Sensor Applications
    Testing of Ultrasonic Sensor Applications

    A new possibility to test UltrasonicSensors: Over-the-air stimulation of the real sensor in a test bench setup.

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