Über Land navigieren mit den Augen eines Sensors

Veröffentlicht: 04.03.2019

Das Forschungsteam am Massachusetts Institute of Technology arbeitet an der Lösung von Fragestellungen im Bereich Perzeption und Navigation beim autonomen Fahren.

Foto mit freundlicher Genehmigung des MIT Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL).

Autonome Fahrzeuge sind in der Lage, die Umwelt durch digitale Sensoren zu sehen, die so am Fahrzeug angeordnet sind, dass sie eine Rundumsicht ermöglichen. Mit Radar, Infrarotkameras und Ultraschall erfassen und übertragen Sensoren einen konstanten Rohdatenfluss an ein Steuergerät, wo sie schnell und zeitkorreliert verarbeitet werden, um auszuwerten, wie sich das Fahrzeug verhalten soll.
Wie Sie sich bestimmt vorstellen können, ist die Perzeption ein Kernthema beim autonomen Fahren. Aber wie lässt sich dabei die Sicherheit gewährleisten? Wie wird bei der Vielzahl unterschiedlicher Straßenverhältnisse der beste Fahrweg ermittelt? Wie findet man die optimale Route, wenn man Verkehrsregeln, mehrere Zielorte und weitere Variablen berücksichtigt?
Das sind die Fragen, die sich Ingenieurstudenten im Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) am Massachusetts Institute of Technology (MIT) gestellt haben. Die Studenten sind im vierten Jahr eines fünfjährigen Forschungsprojekts und erarbeiten neue Lösungsansätze für den Bereich des autonomen Fahrens.
Das 12-köpfige Team aus Postdoktoranden, Doktoranden und Masterstudenten leitet Daniela Rus, Leiterin des Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory und Professorin am Department of Electrical Engineering and Computer Science am MIT, zusammen mit Sertac Karaman, außerordentlicher Professor für Luft- und Raumfahrttechnik am MIT.

„Das Team ist technisch sehr stark aufgestellt und gut integriert. Wir testen die Grenzen selbstfahrender Autos aus, um die Zukunft der individuellen Mobilität zu gestalten."

Professorin Daniela Rus, Massachusetts Institute of Technology (MIT)

Zu den Projekten, an denen das Team derzeit arbeitet, gehören unter anderem diese:

  • Navigation eines selbstfahrenden Autos in einem ländlichen Gebiet
  • Lenken von Fahrzeugen mit neuronalen Netzwerken
  • Entwicklung eines sicheren, autonom betriebenen Rollstuhls

„Wir versuchen, die Probleme autonomer Fahrzeuge zu lösen, und davon gibt es viele", sagt Thomas Balch, MIT Robotics Software Engineer. „Unsere Forschung konzentriert sich unter anderem auf die Navigation auf Landstraßen und die Entwicklung robuster Perzeptionsmethoden, die unter extremen Wetterbedingungen funktionieren."

Thomas Balch, MIT Robotics Software Engineer, zeigt die verschiedenen Hardware-Komponenten, die zum autonomen Betrieb eines Prius V verwendet werden. Dazu gehören eine dSPACE MicroAutoBox als Schnittstelle zwischen den Computern und den Steuergeräten, eine Relaisbox von Pilot Systems zum Umschalten zwischen manueller und Computersteuerung, NVIDIA Drive PX2 für maschinelles Lernen und neuronale Netzwerke sowie eine GPS-Einheit und Stromverteilungskästen.

Navigieren autonomer Fahrzeuge auf unbefestigten Straßen

Selbstfahrende Autos sind weitgehend von 3D-Karten abhängig, die die Landschaft auf offener Straße genau wiedergeben, zum Beispiel Fahrspuren, Ausfahrten, Verkehrszeichen, Kreuzungen usw. Um für die Technologie ohne Fahrer gerüstet zu sein, werden Fahrbahnen in Großstädten beschriftet und 3D-kartiert. Aber wie sollen sich autonome Autos auf Straßen bewegen, die nicht markiert sind? In ländlichen Gebieten gibt es Millionen Kilometer Landstraße, die mittelfristig nicht 3D-kartiert werden.

Um dieses Problem zu lösen, hat das Team ein System namens MapLite entwickelt, das die autonome Navigation ohne 3D-Karten ermöglicht. Die MapLite-Technologie verwendet zum einen GPS-Daten, die einen groben Überblick über die Position des Fahrzeugs auf einer topologischen Karte geben, und zum anderen Lidarsensoren, die eine Trajektorie erzeugen, um die Straßenoberfläche nachzuverfolgen und die Navigation zu ermöglichen. MapLite kombiniert Straßenbegrenzungserkennungen mit der Odometrie des Fahrzeugs (Daten, die von Bewegungssensoren zur Schätzung einer Positionsänderung bereitgestellt werden), damit selbstfahrende Fahrzeuge zuverlässig und mit hoher Geschwindigkeit navigieren können.

„Wir wollen einen Weg finden, wie man mit Sensoren in einem Bereich fahren kann, von dem man keine hochpräzise Karte hat", sagt Balch. „Maximal hat man eventuell ein Telefon-GPS oder man hat gar nichts. Wie bleibt man auf der Straße und folgt ihr problemlos? Was passiert, wenn die asphaltierte Straße endet? Was ist, wenn man auf Kreuzungen trifft? Das sind einige der Fragen, die MapLite beantworten will."

Auf der International Conference on Robotics and Automation (ICRA) in Brisbane, Australien, wurde 2018 ein Fachartikel zu MapLite vorgestellt. Das Team ist zuversichtlich, dass die MapLite-Technologie in zukünftigen autonomen Fahrzeugen eingesetzt werden wird.

Trainieren eines neuronalen Netzwerks zur Steuerung eines Autos

Um verschiedene Szenarien des autonomen Fahrens zu untersuchen, verwendet das Forschungsteam zwei Modelle des Prius V Baujahr 2016, die mit einer Reihe verschiedener Sensoren ausgestattet sind, darunter Lidar, IMU, GPS, Kameras, Drehgeber und andere. Eine dSPACE MicroAutoBox dient als Schnittstelle zwischen der Autonomie-Software und den Steuerungssystemen des Fahrzeugs.

Das Team entwickelt mit den Fahrzeuge Algorithmen, die lernen, wie man mit Hilfe von Kamerarohdaten lenkt. Anhand dieser End-to-End-Techniken wird dem Fahrzeug beigebracht, wie man zu verschiedenen Tageszeiten oder in unterschiedlichen Umgebungen navigiert.

„Die zugrunde liegende Autonomie-Software auf den Plattformen ermöglicht es ihnen, vollautonom zu agieren", sagt Balch. „Die Software muss modular und intuitiv bedienbar sein, damit alle Teammitglieder ihre Ergebnisse einbringen und schnell im Fahrzeug umsetzen können. Sie sind abhängig davon, dass der Rest des Fahrzeugs autonom funktioniert, so dass alle Ergebnisse, die wir während der Experimente beobachten, zur Validierung oder Fehlerbehebung ihrer Forschung verwendet werden können."

Jedes bisschen Forschungsarbeit, die das Team bisher geleistet hat, scheint mit eigenen, speziellen Herausforderungen und einem kontinuierlichen Verbesserungsbedarf einherzugehen. Fast jedes Mal, wenn neuer Code geschrieben wird, um einen schwächeren Software-Stack zu verbessern, wird typischerweise ein neuer optimierungsbedürftiger Teil aufgedeckt.

Beispielhaft nannte Balch einen einzelnen Fehler, der sich auf das gesamte System auswirkte. Auf dem Linux-Rechner, der das Fahrzeug steuerte, wurde ein Update eingespielt, als plötzlich ein paar Sensormeldungen mit mehr als 1 Hz gesendet wurden, allerdings keiner der Ausgabebefehle an das PCB. Nach der Suche stellte das Team fest, dass es ein Update für den Linux-Kernel gab, das die USB-Regeln für den Computer geändert hatte. Dies führte zu einer Begrenzung der USB-Übertragungsrate, so dass das Fahrzeug nicht mehr steuern und einige der kritischen Sensoreingänge keine Daten mehr empfangen konnten.

„Sobald wir den Fehler gefunden hatten, erstellten wir ein Patch, das den Wert auf den vorherigen zurücksetzt", sagte Balch. „Das war nicht unbedingt problematisch für die Autonomiefunktionen, aber definitiv ein Bug, der schwer zu finden war."

Entwicklung eines selbstfahrenden Rollstuhls

Ein weiteres Projekt des Teams ist die Entwicklung eines autonomen Rollstuhls. Dafür nahmen sie zwei Elektrorollstühle, die mit einem kundenspezifischen Board gesteuert und mit Bordcomputern und Sensoren ausgestattet waren. Damit konnte die Autonomie-Software ausgeführt werden, die die Rollstühle ohne menschlichen Eingriff navigiert. Die Sensoren erstellen eine 3D-Karte der Umgebung, so dass Hindernisse im Weg des Rollstuhls erkannt und vermieden werden können.

Das Team sammelt Forschungsergebnisse, wie man durch überfüllte Räume navigiert. Dazu untersuchen sie Fragestellungen, wie man am besten sicher durch diese Räume navigiert, Kollisionen vermeidet und gleichmäßig fährt. Wie soll der autonome Rollstuhl zum Beispiel reagieren, wenn eine aggressive Person versucht, ihn gegen eine Wand oder vom Weg herunter zu stoßen?

Das Team hofft, dass die autonomen Rollstühle eines Tages in Krankenhäusern eingesetzt werden können, um Patienten mit eingeschränkter Mobilität zu helfen.

Die Rolle der dSPACE MicroAutoBox

Das Forschungsteam verwendet Laptops, um die Autonomie-Software zu betreiben sowie Sensordaten und Ausgangssteuersignale zu verarbeiten. Die zwei Prius-V-Modelle wurden nachgerüstet, so dass sie Spannungen an die Lenk-, Brems- und Gaspedal-Steuergeräte senden. Die Spannungen sollen Signale nachahmen, die auch die fahrzeugeigenen Sensoren senden würden. Dieser Aufbau sorgt im Wesentlichen dafür, dass das Fahrzeug autonom fährt.

Die dSPACE MicroAutoBox übernimmt dabei zwei wichtige Funktionen als Schnittstelle zwischen den Rechnern und den Steuergeräten im Fahrzeug. Die MicroAutoBox liest den CAN-Bus, den Ausgang der aktuellen Sensoren im Fahrzeug und den Ausgang der Drehgeber aus. Sie bündelt die Daten zu Botschaften, die an die Rechner gesendet werden. Diese Informationen werden dann zusammen mit den Daten anderer Sensoreingänge genutzt, um eine Rückmeldung über den Status des Fahrzeugs zu geben. Anschließend werden Steuersignale gesendet, die dem Fahrzeug mitteilen, was es zu tun hat. Die MicroAutoBox empfängt diese Signale als Botschaft und übersetzt sie in die richtige Spannung, die sie dann an das entsprechende Steuergerät überträgt.

„Die MicroAutoBox hat sich sehr gut bewährt", so Balch. „Früher hatten wir Schwierigkeiten, die Botschaften über eine USB-Verbindung und mit ausreichend hohen Frequenzen an unser Board zu übertragen. Aber jetzt senden und empfangen wir mit über 100 Hz, und die auf der MicroAutoBox laufende Firmware hat eine Taktung von 1 ms, so dass wir theoretisch Befehle mit bis zu 1 kHz senden und empfangen können, was großartig ist. Die Spannungspegel sind ebenfalls sehr glatt und konstant, so dass wir nicht annähernd so wahrscheinlich einen Fehler im Auto auslösen werden, weil die Spannung unerwartet abfällt."

Laut Balch sei die Anforderung, die Lenksteuerung der Fahrzeuge zu verbessern, einer der Hauptgründe dafür, dass sich das Team für den Umstieg auf die MicroAutoBox entschied. Zuvor verwendete das Team ein eigenes Board, das ein Ingenieur in seinem Labor entwickelt hatte. Es funktionierte, aber es gab ein paar Probleme, die dazu führten, dass sich die Lenkung schlecht steuern ließ.

„Die verbesserte Spannungssteuerung, Befehlsauflösung und Kommunikationsgeschwindigkeit der MicroAutoBox ermöglichen uns eine deutlich präzisere und schnellere Spannungssteuerung, was wiederum zu einer wesentlich gleichmäßigeren Lenkung führt", erläutert Balch.

Anleitung von Pilot Systems

Pilot Systems baute und installierte eine Relaisbox (oben links) für das MIT-CSAIL-Team. Die Relaisbox schaltet aktuelle Sensorsignale, zum Beispiel zum Beschleunigen, Bremsen und Lenken, auf die MicroAutoBox, wo die Signale in Eingänge umgewandelt und zur autonomen Steuerung an die Steuergeräte im Fahrzeug gesendet werden. Die Relaisbox dient auch als Signalaufbereiter für Sensoren, wie Achsdrehgeber, um Abstand und Geschwindigkeit genau zu berechnen.

Das Forschungsteam wird in mehreren Bereichen von Pilot Systems unterstützt, einem US-amerikanischen Systementwicklungs- und Beratungsunternehmen, das sich unter anderem auf System-Engineering auf Fahrzeugebene spezialisiert hat.

Pilot Systems hat die Firmware des Teams in Simulink® neu geschrieben und ein Framework hinzugefügt, um zukünftige Upgrades zu vereinfachen. Das Beratungsunternehmen baute und lieferte auch eine Hardware-Montage- und Relaisbox. Darüber hinaus unterstützte Pilot Systems das Team bei Abnahmeprüfungen und berat bei der Integration neuer Funktionen und Simulink-/ControlDesk-Codierungstechniken, damit die Firmware strukturiert und leicht bedienbar bleibt.

„Pilot Systems hat uns sehr geholfen", sagte Balch. „Sie waren und sind sehr offen für alle unsere Fragen und Anforderungen. Sie waren sehr flexibel in der Entwurfsphase, als wir nach dem besten Weg suchten, um die vorhandene Funktionalität auf die MicroAutoBox zu übertragen. Sie sind sehr hilfsbereit, professionell, kooperativ und liefern erstklassige Qualität."

In den letzten vier Jahren hat das Team ein beträchtliches Forschungspensum absolviert und die gewonnenen Erkenntnisse dokumentiert. Sie sind zuversichtlich, dass ihre Forschungsarbeiten einen signifikanten Einfluss auf die weitere Entwicklung autonomer Fahrzeuge haben werden.

Mit freundlicher Genehmigung des Massachusetts Institute of Technology (MIT)

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