Bei der Entwicklung autonomer Fahrzeuge steht in der Regel der Personen- und Güterverkehr im Mittelpunkt. Das Korean Institute of Industrial Technology (KITECH) demonstriert nun anhand einer autonomen Straßenreinigungsmaschine, dass autonomes Fahren auch außerhalb des Transportwesens eine Rolle spielt.

Mit Hilfe von dSPACE Technologien wie dem Szenario­generierungsservice, der Simulationslösung AURELION und den Automotive Simulation Models (ASM) ist es dem Team von KITECH gelungen, ein Test­system aufzubauen, mit dem sich die Software einer auto­nom fahrenden Kehrmaschine für Fahrten an ihrem zukünftigen Einsatzort absichern lässt. Hierfür wurden u. a. vorhandene Messdaten eingesetzt, um realistische Szenarien zu generieren.

Abbildung 1: Die Route, die von der Kehrmaschine abgefahren werden soll.

Realer Einsatzort virtuell nachgebaut

Dazu hat KITECH eine Strecke von 2,3 Kilometern des südkoreanischen Pyeongdong auf Basis von Messungen der Fahrzeugsensorik in einer virtuellen 3D-Umgebung nachmodel­liert. Für diesen Einsatzort (Abbildung 1) werden sensorrealistische Testszenarien für den Betrieb der Straßenkehrmaschine generiert und anschließend durchlaufen. Um solch ein Vorhaben umzusetzen, bedarf es Lösungen, auf die sich dSPACE als Partner für Simulation und Validierung spezialisiert hat. So konnte der gesamte Prozess von der dSPACE Werkzeugkette begleitet und maßgeblich unterstützt werden. 

Auch sicherheitskritische Szenarien durchgespielt

Der Zweck dieser Simulationen ist es, unterschiedliche Szenarien abzusichern, die während der Fahrt einer autonomen Kehrmaschine auftreten können. Dabei geht es sowohl um kritische Situationen als auch alltägliche Szenarien, zum Beispiel abbiegende Fahrzeuge. Darüber hinaus stehen die Verifikation der Lokalisierung, der Planlogik, der Pfaderfassung und von Algorithmen für die Geschwindigkeitskontrolle im Fokus. Dies ist insbesondere bei denjenigen Algorithmen wichtig, die bei sicherheitskritischen Fahrszenarien eine Rolle spielen und deswegen durch echte Fahrtests auf der Straße nur sehr schwer verifizierbar sind.

Von der Straße in die Simulation

Um die Vision der fahrerlosen Kehrmaschine Wirklichkeit werden zu lassen, sind Testfahrten in computergenerierten Szenarien unverzichtbar. Für eine möglichst realistische Gestaltung dieser Szenarien müssen die verwendeten Modelle und Daten die reale Welt so genau es geht nachbilden. Insbesondere für autonome Fahrzeuge, die sich anhand ihrer Sensorik in einer virtuellen Karte lokalisieren, ist die Nachbildung der realen Welt für die Sensorsimulation im Testsystem unerlässlich.

Simulationsszenarien hochautomatisiert erzeugt

In einem hochautomatisierten Prozess (Abbildung 2) werden anhand der verfügbaren Fahrzeugsensorik-Messdaten die notwendigen Artefakte (Simulationsszenarien) für die Simulation erzeugt. Hierzu werden zunächst die vorhandenen Messdaten in einem globalen Referenzsystem zeitlich und örtlich referenziert, um im zweiten Schritt relevante Informationen durch KI-basierte Annotationsprozesse zu extrahieren. Hierfür kommt das Annotationswerkzeug des dSPACE Unternehmens understand.ai zum Einsatz. Im dritten Schritt werden die extrahierten Informationen in simulierbare Szenarien umgewandelt: Die Grundlage für jede Simulation ist ein adäquates Modell der Straße. Hier wurde das Straßenmodell der 2,3 Kilometer langen Strecke, das sowohl die zehn Kreuzungen als auch alle von der Kamera erkennbaren Markierungen beinhaltet, erzeugt.

Detailliertes Umgebungsmodell

Neben dem Modell der Straße existiert auch ein dreidimensionales Umgebungsmodell, das alle statischen Objekte in der Nähe der Route enthält. Es umfasst neben 70 Gebäuden, 45 Zäunen und Mauern auch Verkehrsschilder, Ampeln, Straßenlaternen und Bäume. Da das Umgebungsmodell für eine physikalisch-basierte Lidar-Simulation eingesetzt wird, sind für alle diese Objekte die Materialien realistisch modelliert. Abgerundet werden die Simulationsszenarien durch dynamische Inhalte in Form von weiteren Verkehrsteilnehmern. Deren Typ, Aussehen und Verhalten wird zufällig anhand von einfachen Verhaltensmodellen definiert. Außerdem lassen sich aus den aufgezeichneten Messdaten auch Verkehrsszenarien extrahieren und in der Simulation wieder abspielen.

Abbildung 2: Die Testumgebung wird auf Basis verschiedener Sensordaten erstellt.

Validierung in der virtuellen Umgebung

In der erzeugten virtuellen Welt können nun die verschiedenen Layer der Fahrfunktion getestet und validiert werden. Dies umfasst u. a. die Perzeptionsalgorithmen für Fahrzeug- und Ampelerkennung, die auf einem Convolutional Neural Network (CNN) basieren, die Hinderniserkennung durch Filterung von Voxel Grid und Bounding-Boxen sowie die HD-Karten-basierte Pfadplanung. In der Simulation werden dafür nun die relevanten Sensordaten für alle Sensoren (7 x Kamera, 4 x Lidar, 4 x Radar, V2X, Fahrzeugstatusinformationen und GPS) hochrealistisch erzeugt. Das virtuelle Fahrzeug soll nun dem geplanten Pfad folgen und die Geschwindigkeit entsprechend den Hindernis- und Umgebungsinformationen an- passen. Durch einstellbare Parameter wie Wetterlage und Verkehrsaufkommen können beliebig viele unterschiedliche Szenarien generiert und zehntausendfach durchlaufen werden. Auf diese Weise lassen sich kritische Situationen erkennen, bevor der Prototyp die erste echte Fahrt in Pyeongdong unternimmt.

 

Wongun Kim, Ph.D., KITECH

dSPACE MAGAZINE, PUBLISHED DEZEMBER 2022

Über KITECH

KITECH (Korean Institute of Industrial Techology) ist ein Forschungsinstitut, das auf Technologietransfer und Technologievermarktung spezialisiert ist. Es wurde 1989 gegründet und hat das Ziel, die Industrie zu unterstützen, insbesondere produktionsorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Über den Autor:

Wongun Kim, Ph.D.

Wongun Kim, Ph.D.

ist Leitender Wissenschaftler für die Smart Agricultural Machinery R&D Group, Jeonbuk Division, am Institut KITECH, Republik Korea.

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