Moderne elektrische Antriebe vereinen hohe Leistung mit mikrosekundengenauer Steuerung. Bei der Entwicklung dieser Antriebe sind Hersteller auf effiziente Plattformen angewiesen, die diese Hochleistungen freisetzen und gleichzeitig eine hohe Betriebssicherheit gewährleisten. Um dies zu erreichen, setzt JEE auf Hardware-in-the-Loop (HIL)-Testing mit leistungsfähiger Software-Modellierung und SCALEXIO-Hardware von dSPACE.
Als Chinas führender Anbieter von E-Antriebssystemen treibt JEE die Entwicklung in verschiedenen Sektoren voran. Diese reichen von einzelnen Komponenten bis hin zu hochintegrierten Lösungen bestehend aus E-Motor, Wandler und Untersetzungsgetriebe. Neben rein batterieelektrischen Systemen für industrielle Fahrzeuge und Pkw stehen dabei auch E-Drive-Systeme für Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge (PHEV) im Fokus. Gemäß den Vorgaben des ISO-26262-Standards muss dabei auch die funktionale Sicherheit der Motorsteuerung gewährleistet werden. Für die entsprechenden Tests der Software-Sicherheit und Validierung auf Zielhardware setzt JEE bereits in frühen Entwicklungsphasen dSPACE HIL-Systeme ein, um dies zu gewährleisten und bereits auf der Entwicklungsebene eine möglichst hohe Effizienz zu erzielen.
Mehrstufige Steuerung
Die typische Struktur der Motorsteuerung (Abbildung 1) besteht aus einem Controller und einem Leistungsmodul. Mit diesem leistungsfähigen System werden zum einen Algorithmen berechnet, zum anderen werden Steuersignale in eine dreiphasige Hochspannung gewandelt, um den Elek-tromotor anzutreiben. Das vom Motor erzeugte Drehmoment wird auf den Antriebsstrang übertragen.
Absicherungssystem und Konzept
Für die Absicherung des Motorsteuergeräts stellte dSPACE JEE ein maßgeschneidertes HIL-Simulationssystem bereit, das für eine Simulation auf Signalebene ausgelegt ist. Dies bedeutet, dass der eigentliche Controller des Steuergeräts unter Umgehung der Leistungs-endstufen mit dem HIL-Simulator verbunden ist und nur die entsprechenden Signale eingespeist werden. Der Vorteil dieses Prozesses besteht darin, dass der Controller vollständig abgesichert werden kann, ohne dass die realen Ströme und Spannungen unter Laborbedingungen herzustellen sind. Dies ist nicht nur kosten- und ressourcen-effizient, sondern auch für die Arbeitssicherheit besonders vorteilhaft, da in der Versuchsphase mögliche Risiken durch für Menschen potentiell gefährliche Spannung und Leistung vermieden werden können.
Modelle des HIL-Simulators
setzen dabei hohe Simulations- und Berechnungsgeschwindigkeiten voraus. Um diese Anforderung zu erfüllen, müssen Simulationsalgorithmen über FPGA (Field Programmable Gate Array)-Chips implementiert werden. Der Aufbau der JEE-Simulation ist daher entsprechend aufgeteilt (Abbildung 3) verdeutlicht: Der FPGA-Teil enthält Modelle, die eine schnelle Berechnung erfordern – Wechselrichter, Motoren und Resolver –, während der Hauptprozessorteil die weniger zeitkritischen Modelle enthält, wie beispielsweise das Lastmodell.
Offene Modelle erleichtern Adaption
Eine zentrale Rolle spielen auch die eingesetzten Software-Modelle der XSG Electric Components Library und der ASM Electric Components von dSPACE. JEE greift auf diese offenen Modellbibliotheken von dSPACE zurück, die neben kompletten Fahrzeugen unter anderem auch Asynchronmotoren und Regler abbilden, sowie auf die XSG Electric Components Library, mit denen Kunden in Verbindung mit dSPACE Engineering-Dienstleistungen neue Modelle entwickeln können. JEE überarbeitete das vorhandene Asynchronmotormodell, um daraus die Steuerung für einen Asynchronmotor zu entwickeln. Durch die Modifikation ließen sich auch Messungen durchführen, die für den Erfolg des Gesamtprojektes von entscheidender Bedeutung waren, da entsprechende Tests auf einem realen Prüfstand als alternativer Ansatz mit erheblichen Herausforderungen verbunden gewesen wären.
Funktionale Sicherheit
Beim Entwickeln und Testen der funktionalen Sicherheit der Motorsteuerung wird das HIL-Testsystem zur Simulation verschiedener Fehler eingesetzt, um die Regelstrategien der Fehlerdiagnose und Fehlerbehandlung in der Steuerung zu testen. Die Fehlerdiagnoseeinheit der FIU (Fault Injection Unit) im dSPACE HIL-System wird hauptsächlich für den Steuergeräte-Kabelbaum verwendet, um mögliche Fehler des Kabelbaums zu testen, zum Beispiel Kurzschluss an Masse oder Potential bzw. zwischen den Pins sowie Spannungsausfall. Diese Aufgabe übernimmt der Host-PC, der die entsprechenden Hardware-Module über eine RS232-Schnittstelle steuert.
Die Fault Injection Units der dSPACE HIL-Systeme ermöglichen JEE die komfortable Umsetzung sicherheitsrelevanter Funktionstests und Fehlereinspeisungen (Abbildung 4). Durch die flexible Restbussimulation in Echtzeit kann dies auch bei noch unvollständigen Systemen erfolgen. Darüber hinaus können die Testfälle reproduziert und der Entwicklungszyklus verkürzt werden.
Testautomatisierung
Ein wichtiger Bestandteil von HIL-Tests ist die Testautomatisierung. Diese konzentriert sich auf die Durchführung von automatisierten, wiederholbaren Tests und Inbetriebnahmen anhand vordefinierter Automatisierungsabläufe. Unter der Federführung von dSPACE Ingenieuren und mit Hilfe der Python-API-Bibliothek in dSPACE ControlDesk können Testfälle programmiert werden, um komplexere Testroutinen durchzuführen. JEE baute die HIL-Testautomatisierungsplattform und erstellte eine HIL-Testfalldatenbank für verschiedene Projekte, was die Entwicklungseffizienz und Wiederverwendbarkeit von Testfällen erheblich verbesserte.
Resultate
Durch den umfangreichen Einsatz der dSPACE HIL-Systeme von den frühen Entwicklungsabschnitten bis zur Testphase wurde das Motorsteuerungsprojekt von JEE erheblich beschleunigt. Neben einer effizienten Erhöhung des technischen Reifegrads wurden die Einsatzzeiten am realen Prüfstand verringert. Somit ermöglichte das HIL-System eine verbesserte Arbeitssicherheit bei einer gleichzeitigen Reduzierung der notwendigen Ressourcen.
Über die Autoren:
Ying Jiang
Ying Jiang ist Senior System Engineer bei JEE in Hefei, China.
Ci Zhang
Ci Zhang ist R&D Supervisor bei JEE in Hefei, China.