Wie testet man ein automatisiertes, reales Fahrzeug gefahrlos unter sicherheitskritischen Bedingungen? Diese Frage kann anschaulich mit dem von CATARC und dSPACE entwickelten VIL-Testsystem beantwortet werden, das die Lücke zwischen Simulation und Fahrversuch schließt.

Die Sicherheit automatisierter Fahrzeuge ist deren wichtigstes Gut. Über den Entwicklungs- und Lebenszyklus eines solchen Fahrzeugs entstehen Testaufgaben, in denen das reale Fahrzeug mitsamt seiner Sensorik geprüft werden muss. Aufgrund der immensen Komplexität automatisierter Fahrzeuge ergeben sich vielfältige Herausforderungen, um diese Tests gründlich, aber auch effizient durchzuführen. Zur Bewältigung der Testaufgabe haben sich CATARC und dSPACE ein Vorgehen und ein Testsystem überlegt, das einfache, schnelle und detaillierte Untersuchungen ermöglicht. Es löst Herausforderungen, die sich ergeben, wenn das reale Fahrzeug abzusichern ist. Diese Form der Absicherung entsteht bei Prüfaufgaben in den Bereichen End-of-Line-Tests, Periodic Technical Inspections, Homologation und After Market.

Automatisierte Fahrzeuge gründlich und effizient testen
Stimulation des Kamerasensors mit animierten Bildern der Umgebungssimulation.

Automatisierte Fahrzeuge gründlich und effizient testen

Ziel der Tests ist es, autonome Fahrzeuge einfach und effizient zu prüfen und ihre Funktion zu validieren. Dabei soll die korrekte Funktion von Sensoren, Steuergeräten und Aktoren sichergestellt werden. Von besonderem Interesse sind Tests in Gefahrensituationen, die bei fehlerhaftem Verhalten katastrophal enden können. Solche Szenarien können besonders gut mit Simulationen durchgeführt und bewertet werden. Beispielsweise fährt bei einer Software-in-the-Loop (SIL)-Simulation das zu testende Fahrzeug in einer virtuellen Welt und das Verhalten seiner automatisierten Fahrsteuerung wird in virtuellen Verkehrsszenarien genau analysiert. Um ein reales Fahrzeug mit solch sicherheitskritischen Szenarien zu testen, bedient man sich eines Kniffs, der die reale und die simulierte Welt zusammenführt: Das zu testende Fahrzeug befindet sich auf einem Rollenprüfstand, der mit einem Simulator verbunden ist. Der Simulator erzeugt die virtuelle Welt, bestehend aus Straßen, Umgebungsverkehr, Verkehrszeichen, Fußgängern usw. Diese virtuelle Welt wird in physikalische Größen (Radarwellen, Bilder) umgewandelt, mit denen die Sensoren des autonomen Fahrzeugs stimuliert werden. Die Signale physikalischer Größen des Rollenprüfstands, wie Geschwindigkeit, Beschleunigung/Verzögerung, werden wiederum in den Simulator eingespeist und schließen so den Regelkreis. Diese Testmethode wird als Vehicle-in-the-Loop (VIL) bezeichnet. Sie schließt die Lücke zwischen der Hardware-in-the-Loop (HIL)-Simulation und der Testfahrt.

Aufbau des VIL-Testsystems. Alle Sensoren werden Over-the-Air aus der Simulation stimuliert. Die am Rollenprüfstand gemessenen Größen gehen in die Simulation ein.

Der VIL-Prüfstand nimmt das ganze Fahrzeug auf

Ein VIL-Prüfstand dieser Dimension ist komplex und umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Komponenten, die hochgenau synchron zusammenarbeiten müssen. Bei der Suche nach geeigneten Lösungsanbietern ließ sich FAW Hongqi von der jahrelangen Entwicklungs- und Validierungserfahrung der Unternehmen dSPACE und CATARC im Bereich der X-in-the-Loop-Simulation überzeugen. Gemeinsam haben sie für FAW Hongqi ein maßgeschneidertes VIL-Simulationssystem entwickelt. Es besteht aus bewährten Simulationslösungen von dSPACE und einem Rollenprüfstand der Firma Dürr. Die virtuelle Fahrzeugumgebung wird mit Modellen der Simulation Tool Suite ASM (Automotive Simulation Models) auf einem SCALEXIO-System in Echtzeit simuliert. Der SCALEXIO-Simulator ist mit folgenden Simulationskomponenten verbunden, um die virtuelle Welt als physikalische Größen für die Fahrzeugsensoren aufzubereiten und Over-the-Air auszugeben:

  • Zwei dSPACE Automotive Radar Test System (DARTS) 9040-G – zur Stimulation der Radarsensoren
  • Ein Monitor, der über die Animationssoftware von dSPACE mit Bildinhalten versorgt wird. Sie werden vom Kamerasensor erfasst und ausgewertet.
  • Ein Global-Navigation-Satellite-System (GNSS)-Simulator für die Positionsbestimmung des Navigationssystems
  • Die beiden DARTS sind auf Schienen montiert, die Winkelsimulationen von Radarzielen in dynamischen Verkehrsszenarien ermöglichen. Der Rollen-prüfstand x-road curve simuliert die Straße. Er ermöglicht ebenfalls Lenkbewegungen der Vorderachse, so dass auch lateral wirkende Assistenzsysteme getestet werden können. Mit dem Prüfstandspezialisten Dürr hatte dSPACE schon eine funktionierende Lösung für die Kopplung von Simulator und Rollenprüfständen erarbeitet, so dass auf ein technisch ausgereiftes Konzept zurückgegriffen werden konnte.

Das Fahrzeug auf dem VIL-Prufstand wird mit Größen aus einer virtuellen Welt getestet.

Was leistet das VIL-Testsystem?

Das Vehicle-in-the-Loop (VIL)-Simulationssystem ist für die umfassende Erprobung automatisierter Fahrzeuge konzipiert. Es wird erfolgreich zur Funktionsvalidierung von Assistenzsystemen wie Adaptive Cruise Control (ACC), Automated Emergency Braking (AEB), Traffic Sign Recognition (TSR), Lane Keeping Assistance (LKA), Adaptive Light Control (ALC), Traffic Jam Assist (TJA) und Highway Assist (HWA) eingesetzt. Darüber hinaus bietet es eine solide Unterstützung für die Validierung intelligenter automatisierter Fahrsysteme. Mit dem VIL-Testsystem erreicht FAW Hongqi sein Ziel, virtuelle dynamische Testszenarien für das reale Fahrzeug zu erstellen, um die Validierung und Verifizierung der Funktionsintegration des intelligenten Fahrsystems auf Fahrzeugebene zu realisieren. Die Testszenarien können mit den in ASM verfügbaren Möglichkeiten ständig erweitert werden. Alle Tests lassen sich inklusive Parametervariationen automatisiert und reproduzierbar ausführen.

VIL-Tests im täglichen Einsatz
DARTS gelten als die Radarzielsimulatoren mit den weltweit kleinsten HF-Front-ends, was sie für die dynamische Over-the-Air-Stimulation von bewegten Radarzielen qualifiziert.

VIL-Tests im täglichen Einsatz

Das Testsystem unterstützt FAW Hongqi in unterschiedlichen Entwicklungsphasen. Es eignet sich immer dann, wenn Untersuchungen auf der Ebene des Gesamtfahrzeugs erforderlich sind. Es ermöglicht tiefgreifende Tests bei der Freigabe sowie die Endkontrolle von Fahrzeugen und unterstützt maßgeblich bei der Homologation. Der VIL-Teststand trägt damit wesentlich dazu bei, neue Fahrzeuge mit hochentwickelten Funktionen für das automatisierte Fahren effizient auf den Markt zu bringen.

Qu Jindai, FAW Group

 

dSPACE MAGAZIN, VERÖFFENTLICHT JUNI 2022

About the author:

Qu Jindai

Qu Jindai

Engineering Department, Electronic and electrical testing technology supervisor, FAW Group, China

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